Wie weiter in und für Rheine? - Ein Ausblick auf 2023

Die Fraktionen im Stadtrat Rheine wurden kürzlich von der Münsterländischen Volkszeitung angefragt, welche politischen Ziele sie im kommenden Jahr verfolgen und was sie politisch in Rheine gerne realisieren würden. Auf einer Viertel DIN A4 Seite sollten die gewählten RatsvertreterInnen kurz darauf eingehen und möglichst viele der 14 vorgeschlagenen Fragen beantworten. Welche Stellungnahmen letztlich abgedruckt werden würden, hinge von der Zahl der Teilnehmenden ab.

Dies  nahmen wir gerne zum Anlass, unsere Positionen zu aktuellen und zu erwartenden Themen darzulegen. Darüber hinaus werden wir ebenfalls die Themen ansprechen, die wir bereits in unserem Wahlprogramm 2020 als politische Prioritäten unserer Fraktion beschrieben haben.

Zunächst muss festgestellt werden, dass die Fragestellungen der Presse teilweise nicht in den Einflussbereich der Kommunalpolitik fallen, oder aber deren Beantwortung einem Blick in die Glaskugel gleich kommt, was uns weder seriös, noch zielführend erscheint.

 

Fragen der MV:

1.)         Rutscht Rheine 2023 in die Haushaltssicherung?
Bereits mit Einbringung des Haushaltsplanentwurfs im September 2022 war absehbar, dass Rheine aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in die Haushaltssicherung geraten wird.

2.)         Müssen die Bürgerinnen und Bürger in 2023 durch kommunale Steuern oder städtische Gebührenordnungen mit zusätzlichen Belastungen rechnen?
Die Gebühren für kommunale Leistungen sind teilweise gesenkt und teilweise den Kostensteigerungen entsprechend leicht erhöht worden. Die satzungsgemäße Erhöhung der Hundesteuer wurde für ein Jahr ausgesetzt. Weitere Steuererhöhungen sind für 2023 nicht geplant.

3.)         Wird in 2023 jedes Kind, das Anspruch auf einen Kita-Platz hat, auch einen Kita-Platz in Rheine bekommen?
Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz wird auch in 2023 nicht voll erfüllt werden können.

4.)         An welchen politischen Stellschrauben werden Sie im kommenden Jahr drehen, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Rheine zu stärken?
Verwaltung und EWG sind in Gesprächen mit Investoren und befassen sich extensiv mit der Vermarktung von Gewerbeflächen. Unsere Fraktion, die mit lediglich zwei Mitgliedern im Rat vertreten ist, hat divergierende Interessen zu denen der Mehrheitsfraktionen, so dass eine Einflussnahme unsererseits kaum möglich ist.

5.)         Die Mobilitätswende ist in Bund, Land und Kommune ein Thema. Was werden Sie unternehmen, um Ende 2023 sagen zu könne, wir sind in Sachen urbane Mobilität in Rheine ein Stückchen besser geworden?
Das Thema Mobilitätswende wird von Bund und Land in erster Linie mit Blick auf die Finanzierung behandelt. Sofern die Kommunen mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden, kann die Mobilität auch in Rheine wesentlich verbessert werden. Von kostenlosem Busverkehr in Elektrobussen, über eine städtische Busgesellschaft, bis hin zur Umsetzung und Weiterentwicklung des Radverkehrskonzepts ist alles möglich.

6.)         Wird man am Ende von 2023 sagen: In Rheine dümpelte die Demokratie so vor sich hin?
Der Hintergrund zu dieser Frage ist unverständlich und bedarf der Erklärung.

7.)         Kommt die Grundschuloffensive im kommenden Jahr wieder in Schwung?
Nicht die Politik hat den Schwung rausgenommen, vielmehr sind die Planungen seitens der Bauverwaltung aufgrund von Personalmangel ins Stocken geraten.

8.)         Demografisch gibt es in Rheine eine Lücke in der Altersgruppe der 18 bis 35-Järhigen. Was wollen Sie bewegen, um Rheine für dieses Klientel attraktiver zu machen?
Der Rat sollte vermehrt dazu beitragen, dass gute Jobs mit auskömmlichem Einkommen, bezahlbarer Wohnraum, ausreichend Kitaplätze, Kultur- und Freizeitangebote und eine attraktive Innenstadt geschaffen werden. Dies sind nur einige Beispiele für ein attraktives Lebensumfeld.

9.)         An welchen Stellen in Rheine identifizieren Sie einen Infrastruktur-Stau, der im kommenden Jahr behoben werden sollte?
Die unzureichende Ausstattung mit Breitband, WLAN und LAN an den Schulen muss dringend behoben werden und auch die Webseite der Stadt könnte bedienfreundlicher werden.

10.)     Auf welches kulturelle Highlight in Rheine freuen Sie sich in 2023?
Das Theater- und Konzertprogramm, Konstantin Wecker im April in der Stadthalle.

11.)     Ein Ende des Krieges und des Terrors, den der russische Präsident Wladimir Putin in die Ukraine getragen hat, ist nicht abzusehen. Welche Konsequenzen hat diese Aggression im kommenden Jahr für die Menschen in Rheine?
Der anhaltende Krieg und die damit verbundene Zuwanderung von UkrainerInnen hat insofern Auswirkungen auf die Stadt, als dass Verwaltungspersonal besonders im Sozialdezernat hauptsächlich mit der Versorgung und Unterbringung dieser Flüchtlinge befasst ist. So kommt es zu Verzögerungen in der Bearbeitung und Umsetzung anderer sozialer Vorhaben. Mangels Personal werden die Wartezeiten für Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern deutlich länger.

12.)     Die Innenstadt hat in den vergangenen Jahren aus verschiedenen Gründen als Einkaufszentrum verloren. Gleichzeitig haben sich die Nahversorgungszentren in den Stadtteilen entwickelt. Sehen Sie, dass der ehemalige Realkauf im kommenden Jahr wiederbelebt werden kann?
Die Linke rechnet nicht mit einer Wiederbelebung des Einzelhandels an diesem Standort.

13.)     Was werden – aus heutiger Sicht – für Sie die wichtigen Ratsentscheidungen in 2023 sein?
Welche Maßnahmen können die Haushaltssicherung 2024 verhindern? Muss eine neue Priorisierung der Maßnahmen aus dem Rahmenplan Innenstadt vorgenommen werden? Welche Maßnahmen wird die Stadt ergreifen, um die Bürgerinnen und Bürger bei anhaltender Inflation zu entlasten? Welche Maßnahmen müssen noch ergriffen werden, um das Lerndefizit der Schülerinnen und Schüler nach Corona zu überwinden?

14.)   Wohnmarkt – wie wird in 2023 die Situation sein?
In 2023 werden, ebenso wie in den Vorjahren, Wohnungen fehlen. Obwohl zu erwarten ist, dass Wohnraum fertiggestellt wird, kann der Bedarf insbesondere an kleinen Wohnungen, barrierefreien Wohnungen und Wohnungen für Großfamilien nicht gedeckt werden. 

Soweit zu den Fragen, die laut MV die Bürgerinnen und Bürger umtreiben.

Wir als Die Linke. Ratsfraktion Rheine haben in 2020 unsere Ziele klar definiert und in unserem Wahlprogramm niedergeschrieben. So verstehen wir unseren Wählerauftrag darin, sich daran zu orientieren und bei sämtlichen Angelegenheiten zu prüfen, ob und wie unsere Entscheidungen den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen und dem Gemeinwohl dienen.  

Einige unserer Anliegen haben wir bereits einbringen und die Mehrheit der Ratsmitglieder überzeugen können. Unser größter Erfolg ist aber zweifelsohne der in 2018 gestellte Antrag zur Erstellung eines Sozialberichts, dessen Teilbericht zum Thema Wohnen endlich in 2022 vorgestellt und veröffentlicht wurde. Für 2024 ist ein weiterer Teilbericht zum Thema Armut vorgesehen. Diese regelmäßig zu überarbeitenden Berichte dienen allen Ausschüssen und Gremien als wichtige und valide Orientierung zur Entwicklung von Handlungsempfehlungen und konkreten Maßnahmen.

 

Mit der nachfolgenden Auflistung geben wir einen groben Überblick unserer weiteren Anliegen, deren Umsetzung wir in 2023 anstreben:

 

Wohnen, Bauen, Stadtplanung

· die Schaffung von bedarfsgerechten, bezahlbaren, barrierefreien und vor allem geförderten Wohnraum in allen Stadtteilen von Rheine (Überarbeitung des bestehenden Wohnraumversorgungskonzeptes)

· die Umwandlung des Ferienhausgebietes Elte in ein normales Wohnquartier

· die vollständige Übernahme der Straßenausbaubeiträge durch das Land

· eine frühzeitige und umfangreiche Bürgerbeteiligung, sowohl bei Planungsprozessen, als auch bei allen wichtigen baulichen Entscheidungen. Dazu beteiligen wir uns in der Arbeitsgruppe zur Erstellung von Leitlinien für mehr Bürgerbeteiligung.

· öffentlich tagende Expertenrunden und regelmäßiges Berichtwesen.

 

Kinder, Jugend, Schule

· Nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz, gehören die Kitagebühren abgeschafft.

· Ausweitung der Betreuungszeiten (flexible Randzeiten, Ausrichtung an den Bedürfnissen der Eltern, Abschaffung der Ferienschließung)

· gesunde und kostenfreie Ernährung

· Kitaplätze vor Tagespflege

· Abschaffung von Eigenanteilen für Bildungsmaterial, Kopiergelder etc.

· kostenlose Ganztagsbetreuung

· sponsorenfreien Unterricht

· die Sanierung von Sporthallen und Schultoiletten

· Verbesserung der Sauberkeit und des Hygienestandards in allen Bildungseinrichtungen

· finanzielle Unterstützung für die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Digitalisierung

· im Rahmen der Jugendkunstschule sollten Räume zur Verfügung stehen, die Bands für ihre Proben nutzen können.

· die Jugendkunstschule in städtischer Trägerschaft bedarf einer institutionellen Förderung, statt ausschließlicher Projektförderung.

 

Wirtschaft und Arbeit

· einen Strategiewechsel in der Ausrichtung der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG)

· nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in der Verwaltung und den kommunalen Gesellschaften.

· Entfristung der städtischen Arbeitsverhältnisse

· die Vergabe öffentlicher Aufträge nur an Unternehmen, die Mindestlöhne garantieren, soziale und ökologische Standards einhalten, auch in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

· keine öffentlichen Aufträge an Unternehmen, die Leiharbeitnehmer einsetzen oder Werkverträge anbieten.

· Städtische Programme für mehr öffentlich geförderte Anstellungsverhältnisse

 

Verkehr und Mobilität

· Wir brauchen einen Stadtbusbetrieb auch in den frühen Morgenstunden und spätabends  an Sonn- und Feiertagen mit angemessener Taktung.

· Barrierefreiheit in den Bussen und den Zugängen, Mitnahmegestattung von Fahrrädern

· gerechte Fahrpreisermäßigungen (Sozialticket)

· die konsequente Umsetzung des bereits beschlossenen Radverkehrskonzepts

· Tempo 30 in der gesamten Stadt, außer auf den Ausfallstraßen

· ein attraktives, stadteigenes Car-Sharing-Modell mit Elektroautos, keine PPP-Modelle

· die Beschränkung der Anlieferzeiten in der Fußgängerzone und deren Kontrolle

 

Darüber hinaus sehen wir auch in 2023 Handlungsbedarf bei folgenden Themen:

· Neuausrichtung des Familienpasses, des Sozialplans Alter

· Sozialtarife für Strom- und Gasbezieher (keine Stromsperrungen)

· Angleichung der Gewerbesteuer an den NRW Durchschnitt

· Überarbeitung städtischer Satzungen

(Das Sammeln von Pfandflaschen aus dem Müll ist noch immer eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis zu 50.000€ geahndet werden kann!)

· Wir wollen die Inklusion in allen Bereichen des Lebens, von der Schule, über den Arbeitsplatz, in der Verwaltung und der gesellschaftlichen Teilhabe als Selbstverständlichkeit verstanden wissen.