Neues von der Ratsfraktion Rheine: Zum Beschluss Rathauszentrum

DIE LINKE. Rheine

Im März letzten Jahres wurde beschlossen, das Rathauszentrum neu zu strukturieren, zu modernisieren und um einen Multifunktionssaal zu erweitern. Das sollte die Grundlage für die nächste Planungsphase sein. Wir konnten diesem ambitionierten Umbau des Rathauszentrums noch zustimmen, weil auch beschlossen wurde, das Projekt mit den Planungen des Hotelprojekts zu koppeln (was auch den Hertie-Abriss beinhaltete) und auch die Auswirkungen der Corona-Krise berücksichtigen sollte.

Seither jedoch hat sich der Sachstand mehrfach geändert. Wir wissen nicht, ob oder wann der Investor seine mehrmals geänderten Pläne für den Hotelbau umsetzen wird, es ist nicht einmal gewiss, dass er die Fläche auch erwerben wird. Wir wissen nicht, ob der Betreiber des vorgesehenen Hotels nach seiner Übernahme des City-Club Hotels überhaupt noch Interesse an diesem Projekt hat. Den Abriss der Hertie-Immobilie plant und zahlt nun die Stadt und wir haben noch immer keine Antworten auf die Frage, welche Auswirkungen durch die Corona-Krise die zu erwartende Rezession auf den Haushalt der Stadt haben wird.

Dennoch wurde in Dimensionen weitergeplant, die allein auf die Aussicht einer Landesförderung fußt. Die immensen Kostensteigerungen gegenüber der ursprünglichen Planung konnten in der Beschlussvorlage nicht gerechtfertigt werden.

Da es aber die Aufgabe der Ratsmitglieder ist verantwortungsvoll zu entscheiden, gehört eben auch dazu, vorab so umfänglich als nur irgend möglich über die Sachlage informiert zu werden. Das haben die Grünen zu Recht mit ihrem Antrag und ihren ergänzenden Fragen eingefordert.

Dass diese ergänzenden Fragen nun eiligst in der Ratssitzung beantwortet werden, schriftlich liegen diese Antworten nicht vor, ist nicht nur unüblich, sondern beschreibt eine Herablassung seitens der Fachleute in der Verwaltung, der Einhalt geboten werden muss! Es kann nicht sein, dass wesentliche Informationen für eine Entscheidungsfindung eilfertig während einer beschlussfassenden Sitzung mündlich bekanntgegeben werden und den Fraktionen keine Gelegenheit zu Deutung, Auswertung und Beratschlagung gegeben wird. Insbesondere gibt es hier zu bedenken, dass nicht alle anwesenden Ratsmitglieder auch die designierten Fachleute ihrer Fraktion in dieser Sache sind und bei Beratungen auch die Sachkundigen Bürger als Teil ihrer Fraktion in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Wir meinen, dass keiner ruhigen Gewissens einer Weiterplanung in diesen Dimensionen zustimmen kann. Und würde man die Bürgerinnen und Bürger fragen, dann würde man noch ganz andere Einwände zu hören bekommen als die, die in der Ratssitzung vorgebracht wurden.

Und dazu gehört auch die Beteiligung der Bevölkerung; eine reine Informationsveranstaltung reicht hier bei weitem nicht aus. Immerhin ist es ihr Geld, was hier investiert werden soll – und es ist auch ihr Rathaus.

Und damit sind wir eigentlich bei der zentralen Frage, die wir uns stellen und wonach wir unsere Entscheidung ausgerichtet haben:

Ist es tatsächlich zwingend erforderlich, zu diesem Zeitpunkt über eine wackelige Kostendeckelung in der Entwurfsplanung für ein Rathauszentrum zu entscheiden, wissend, dass die tatsächlichen Baukosten ohnehin die in der Vorlage versprochene Deckelung von 65 Mio. erheblich übersteigen wird? Rechtfertigt allein die Aussicht auf 2 mal 4 Mio. Förderung wirklich die weitere Planung, ohne die zu erwartenden Belastungen der Corona-Krise überhaupt irgendwie zu bedenken? Dazu zählen nicht nur die verminderten Einnahmen der Stadt, sondern auch die Unterstützungsleistungen, die wir als Rat unserer Bevölkerung noch anzubieten beabsichtigen.

Ist es nicht zumindest unseriös, wenn Verwaltung die Bevölkerung darüber im Unklaren lässt, welche Auswirkungen eine derart langwierige Großbaustelle auf die Innenstadt, den ohnehin leidenden Einzelhandel und dem weiter stark zunehmenden Leerstand und letztlich auch auf den Bürgerservice des Rathauses haben wird?

Dies sind nur einige Gründe, warum die Fraktion Die Linke im Rat der Stadt Rheine gegen eine Weiterplanung ohne umfängliche Kostenprüfung, dem Vertragsabschluss mit dem Investor und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger gestimmt hat; also ganz im Sinne dessen, was der Rat im März des Jahres 2020 noch beschlossen hatte.

Wir stimmen nach wie vor einer bedarfsorientierten Sanierung des in die Jahre gekommenen Rathauses zu; erwarten jedoch vor jeder weiteren Planung Antworten zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf den städtischen Haushalt in den nächsten Jahren, eine unabhängige, fachliche Prüfung der Planungen, die der Politik zur Beratung vorgelegt werden, eine umfangreiche Beteiligung der Bevölkerung sowie eine Prognose zu den Auswirkungen der Baumaßnahmen auf das Umfeld, der Bevölkerung und das Verwaltungshandeln.

Der kommentierende Redakteur der MV merkte zu Recht an, dass es bei der Opposition keinen grundsätzlichen Sinneswandel zur Zukunft des Rathauszentrums gegeben hat; die Hintergründe der Bedenken von Bündnis 90/Die Grünen, UWG, BfR und der Linken hat er allerdings versäumt zu recherchieren. Insofern kann der Vorwurf an die Opposition, die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben, nur zurückgegeben werden. Wurde ganz richtig bemerkt, dass eine derartige Kostensteigerung schon bei der Planung des Projektes der Bevölkerung schwer zu vermitteln ist, dann mangelt es offenbar an Transparenz und Information, sowohl seitens der Verwaltung wie auch der Berichterstattung. Bei einem derart tiefen Griff in die Tasche der Bürgerinnen und Bürger kann nur von hasenfüßiger Ängstlichkeit sprechen, wer mit der Arroganz politischer Ratsmehrheiten die berechtigten Einwände besorgter Bürgerinnen und Bürger ignoriert.

Der ausführliche Bericht aus dem Rathaus in der MV von letztem Samstag, mit dem auf die gemeinsame Presserklärung der Opposition reagiert wurde, verdeutlicht einmal mehr, dass für Transparenz gegenüber Politik und Bevölkerung jedenfalls noch viel Luft nach oben ist.

 

Annette Floyd-Wenke

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