18.03.2023 Tag der politischen Gefangenen

Weltweit sitzen Tausende von Menschen in Haft, weil sie andere politische und gesellschaftliche Vorstellungen als ihre jeweiligen Regierungen haben, sich für eine gerechtere, friedlichere und sozialere Gesellschaft engagieren und sich gegen Unterdrückung und Ausbeutung engagieren. Am 18.03. wird ihnen gedacht – am Tag der politischen Gefangenen. Zu diesem Anlass möchte unser nachfolgender Artikel an einige Gefangene erinnern, um die sich die deutsche Außenpolitik nicht kümmert und die in den Medien kaum erwähnt werden.

An erster Stelle möchte ich hier Julian Assange nennen, den Begründer der Enthüllungsplattform Wikileaks. Da ihm 2012 die Auslieferung an die USA drohte und dort lebenslänglichen Knast oder vielleicht sogar die Todesstrafe, flüchtete er in die Botschaft von Ecuador in London. 7 Jahre saß er dort fest und wurde nach einem Regierungswechsel in Ecuador an die britische Polizei übergeben. Seit April 2019 sitzt er nun in Großbritannien in Abschiebehaft und ihm droht immer noch die Auslieferung, obwohl er inzwischen sogar schon einen Schlaganfall erlitten hat. Viele Organisationen und Einzelpersonen fordern seine Freilassung. Bis 2021 auch die Grünen mit ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Doch seitdem keinerlei Unterstützung - nichts. „Die Grünen lassen Julian Assange im Stich“ schrieb der Tagesspiegel aus Berlin. Sieht so die „werteorientierte Außenpolitik“ aus?

Was ihm in den USA droht, kann man an den folgenden 2 Gefangenen sehen, die seit unvorstellbaren 47 und 42 Jahren inhaftiert sind – Leonard Peltier und Mumia Abu Jamal.
In den meisten Ländern wird man selbst bei Straftaten wie Mord nach 20-30 Jahren entlassen.

Leonard Peltier ist ein Aktivist des American Indian Movement in den USA. Er wurde 1977 trotz umstrittener Beweislage zuerst wegen Mordes verurteilt. Nachträglich wurde das Urteil revidiert zu lebenslanger Haft wegen Beihilfe zum Mord. Er sitzt aber immer noch im Gefängnis. Selbst Papst Franziskus hat sich um seine Freilassung bemüht und Briefe an Barack Obama und Joe Biden geschrieben.

Mumia Abu Jamal  ist ein US-amerikanischer Journalist, Autor und Aktivist der Black-Panther-Party (BPP). Er wurde 1982 wegen der Ermordung eines Polizisten schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Mehrfach wurden Hinrichtungstermine anberaumt, was aber verhindert werden konnte, bis ein Bundesgericht das Todesurteil aufgehoben hatte. Fast 30 Jahre saß er in der Todeszelle, bevor die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt wurde. Auch in seinem Fall ist die Beweislage im Prozess hoch umstritten. Eine Begnadigung durch den Präsidenten ist jederzeit möglich.

Auch an die politischen Gefangenen in und aus der Türkei soll erinnert werden.
Dort sind Tausende aus politischen Gründen inhaftiert oder stehen aktuell vor Gericht. So z.B. im aktuell laufenden Kobane-Prozess, wo 108 Personen angeklagt sind, darunter die ehemaligen Ko-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, mehrere derzeitige und ehemalige HDP-Abgeordnete und Bürgermeister:innen sowie alle Mitglieder des zentralen HDP-Vorstands von 2014. Auf Einladung der HDP ist unsere Vorsitzende Janine Wissler im Februar zur Prozessbeobachtung in die Türkei gereist.

Sie erklärte:

»In der Frage der NATO-Mitgliedschaft von Finnland und Schweden lässt sich Europa von der Türkei am Nasenring durch die Manege führen. Es ist zu befürchten, dass bei einem möglichen Verbot der HDP, einer bevorstehenden Frühjahrsoffensive der Türkei in Syrien und weiteren schweren Repressionen gegen die Opposition im Vorfeld der Wahlen in der Türkei, die europäischen Regierungen die Augen verschließen. Grund der Reise ist dort hinzuschauen und Solidarität mit all jenen zu zeigen, die in der Türkei politisch verfolgt werden.“

Auch in Deutschland sind aktuell mindestens 14 Personen in Haft - meist wegen des § 129b Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Interessant ist, dass im Juli 2022 unser Generalbundesanwalt Peter Frank in die Türkei gereist ist und sich dort mit dem türkischen Justizminister und sogar mit Präsident Erdogan getroffen hat. Was hat er dort wohl besprochen? Selbst auf Anfrage der Linken im Bundestag ist die Regierung nicht bereit hierüber Auskunft zu geben. Danach hat es aber verstärkt Razzien und Durchsuchungen von kurdischen Einrichtungen gegeben, so z.B. in Saarbrücken, Nürnberg und Hannover. Auch Verhaftungen und Anklagen gibt es.

Zum Schluss möchte ich noch auf die Todesstrafe eingehen. Eine barbarische Form der Justiz, die einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft unwürdig ist.

Von den 195 Ländern der Erde gibt es in 92 Ländern noch eine per Gesetz geregelte Todesstrafe. Hiervon wenden 8 Länder die Todesstrafe nur noch auf besonders schwere Straftaten wie z.B. Kriegsverbrechen an. Auch wird sie in weiteren 28 Ländern seit mindestens 10 Jahren nicht mehr ausgeführt - obwohl es jedoch durchaus noch Verurteilungen geben kann. Während es in Asien (sogar Japan und Taiwan) und Afrika sehr viele Länder gibt, die sie aktuell noch anwenden, so sind es in Europa und Amerika nur noch 2 Staaten - Belarus und die USA.

Allein im Jahr 2021 wurden weltweit über 3000 Menschen zum Tode verurteilt und mindestens 1571 tatsächlich hingerichtet. Der Iran, nach China das Land mit den meisten Hinrichtungen, hat erst vor einigen Wochen 4 Gefangene wegen der Proteste im Iran exekutiert. In Israel will die Regierung die Todesstrafe für Terrorismus wieder einführen. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie das den Konflikt mit den Palästinensern anheizen wird. Hoffen wir, dass die Proteste dagegen erfolgreich sind.

Die Lage der politischen Gefangenen ist ein wichtiges Thema, um das wir uns in Zukunft intensiver kümmern werden.

Heinz-Jürgen Jansen
Mitglied im Ortsvorstand Die Linke Rheine