Tag der Sozialen Gerechtigkeit

A. Floyd-Wenke

ein Kommentar

 

Das Besondere an diesem Tag ist wohl, dass er so gänzlich ohne Tradition oder bisherigen, des Feiern würdigen Errungenschaften auskommen muss. Ist auch z. B. der Tag der Arbeit am 1. Mai nur noch ein Schatten seiner Ernennung, so kann und muss dieser Tag der sozialen Gerechtigkeit als Aufforderung verstanden werden, sich mit den aktuellen Vorgängen auf unserer Politbühne auseinander zu setzen. Wir werden feststellen, dass es in unserem Land weder eine soziale Gerechtigkeit gibt, noch diese von den uns Regierenden angestrebt oder nur befördert wird. Die Inszenierungen werden dreister, die Öffentlichkeit wird in erschreckendem Maße immer mehr vorgeführt und in die Rituale des politischen Handelns staatlicher Institutionen einbezogen. Die Kommunikation mit dem Bürger wird fast ausschließlich über Massenmedien geführt, Rückmeldungen, Kritik und Wandel sind unerwünscht und werden entweder im Keim erstickt, oder zumindest überwacht.

Nehmen wir doch exemplarisch das Szenario Datenankauf. Allein diese Bezeichnung beinhaltet schon, was man uns glauben machen will. Wenn es nun also der Wahrheit entspricht, dass der Regierung gespeicherte Daten über vermeintliche Steuersünder zum Kauf angeboten wurden, dann hat mit dem Bekanntwerden dieser Information bereits das Ritual zur gezielten politischen Meinungsbildung begonnen. Allein die Tatsache, dass sich unsere Regierung damit befassen muss, offenbart die Unzulänglichkeiten des Steuersystems, vor allem aber die Ungerechtigkeit, mit der in unserem Land Steuerpolitik betrieben wird. Es geht ja hier auch nicht um die kleinen Beiträge der Werktätigen, hier stehen offenbar die Daten der Großverdiener, der Aktionäre, der richtig Reichen zur Debatte. Wie nun verschleiert man die Verfehlungen, die selbst der Bundesrechnungshof seit Jahren bei der Überprüfung der Steuereinnahmen vermerkt hat? Demnach wurden, und werden weiterhin die Abgaben von nur etwa 10% der steuerpflichtigen Millionäre seitens der Finanzbehörden überprüft. Was unserem Staat, also uns, hier an Einnahmen durch Hinterziehung entgeht, kann man sich denken. Keine der Parteien wagt sich jedoch, daran etwas zu ändern, wir Bürger werden auf andere Fährten gelockt. Viel kognitiver, populärer ist doch das Thema Datenschutz. Hier kann man trefflich streiten, Institutionen und Koryphäen zu Wort bitten, alte und neue Debatten führen, bis sie schließlich zu dem gewünschten Ergebnis führen. So zumindest kann der politikverdrossene Bürger einzelne Feindbilder ausmachen und darf sich richtig austoben, ohne gleich am bestehenden politischen System zu zweifeln.

Beim Thema Datenkauf wird also absichtlich die politische Situation durch staatliches Handeln fehl gedeutet. Die Kanzlerin beeilt sich sehr mit der hohlen Aussage, Steuersünder seien zu bestrafen. Minister Schäuble gibt sich ebenfalls großartig mit seiner Einschätzung, der Datenankauf sei verfassungsmäßig vertretbar. Und schon sind wir wieder bei der Debatte des Datenschutzes und spielen den Spähern unserer Republik wieder schön in die Hände. Denn wenn wir Steuersünder in großem Maße fangen wollen und dazu auf die Daten einer gekauften CD angewiesen sind, dann sollte doch der Schutz privater Daten möglichst bald noch einmal gründlich überdacht werden, nicht wahr? Es ist fast perfekt inszeniert, diese Verschleierung des wahren Problems, und die Regierung weiß mit Hilfe der Medien wirklich virtuos die Fortführung sozialer Ungerechtigkeit zu betreiben. Es bleibt abzuwarten, ob sie für das gewünschte Ergebnis, nämlich die Lockerung des Datenschutzes, Applaus ernten wird.

Ich meine wir sollten den Tag der sozialen Gerechtigkeit damit verbringen, klare, deutliche und warnende Worte an all diejenigen zu richten, die glauben, man könne auf Dauer die Bevölkerung mit schön klingenden Worten besänftigen, sie permanent hinters Licht zu führen versuchen, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden.