Pressemitteilung

DIE LINKE. Ibbenbüren

Stellungnahme der Fraktion DIE LINKE. Ibbenbüren zu:

 

Sitzung des Jugendhilfeaussschuss vom 09. März 2021.

 

Betreff: Jugendhilfeplanung /Kommunale Präventionsarbeit (u.a. Familienbüro)

Dringend notwendig!

Kehrtwende in der U3-Kinderbetreuung im Interesse von Kindern und Eltern:

Im Jugendhilfeausschuss vom 3. März wurde die Teilfachplanung für das Kindergartenjahr 2021/2022 für U3/ und Ü3-Kinder einstimmig (ohne die nichtstimmberechtigten Mitglieder: Die Linke/ FDP) verabschiedet.

Für die Kinderpflege der U3-Kinder wird damit zugleich die Festlegung auf die Kindertagespflege durch Tageseltern verabschiedet. Hier ist die Verwaltung stolz darauf, die vorhandenen Plätze auf 209 Betreuungsplätze ausgebaut zu haben.

Damit kommt die Kommune der CDU/FDP-Landesregierung und deren Forderung nach einer „Familiennahen Betreuung“ der U3-Kinder, die laut Gesetz keinen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz hätten, nach. Der Grundsatz: Kita-Betreuung durch staatlich ausgebildete und geprüfte Fachkräfte und Kindertagespflege durch Tageseltern sind gleichwertige Betreuungsangebote.

Diesem Gedanken stimmten die Ibbenbürener SPD-Ratsfraktion ebenso wie der „Grünen“ ausdrücklich zu.

Insgesamt eine Entscheidung gegen den Elternwillen in Ibbenbüren.

Die Zahlen des Jugendamtes belegen selbst für das aktuelle Kindergartenjahr, wo viele Eltern aufgrund von Kurzarbeit usw. entschieden haben, ihre Kleinkinder zuhause zu betreuen, dass 87 versucht haben, für dieses KiTa-Jahr einen Betreuungsplatz im Kindergarten und nicht in der Tagespflege zu bekommen und auf die Tagespflege verwiesen wurden. Wie viele Kinder und Eltern, die in der Tagespflege untergebracht/geparkt sind, aber dennoch gerne einen KiTa-Platz hätten, konnte auf Nachfrage (DIE LINKE.) die Verwaltung nicht belegen.

Auf Grund der Datenlage beantragte die Fraktion DIE LINKE., die Plätze für die Kindertagespflege der U3 Kinder durch Tageseltern nicht weiter auszubauen, dafür aber mehr KiTa-Plätze für U3 Kinder zu schaffen, entweder in einer kommunalen Einrichtung oder in freier Trägerschaft. Dem wurde von den Mehrheitsfraktionen widersprochen obwohl hier gute Beispiele in der Nachbarschaft z.B. in der Samtgemeinde Spelle zu finden sind.

Die Argumentation der Fraktion DIE LINKE. stützt sich auf zwei weitere Fakten die belegen, dass die Pflege durch Tageseltern der Betreuung in der Kita nicht gleichwertig ist.

  • Erstens geht es um die eingeschränkte Qualifikation der Tageseltern im Vergleich zu staatlich geprüften und anerkannten Erzieher*innen mit Schwerpunkt Kleinkinderbetreuung;
  • Zweitens geht es um die Arbeitsbedingungen, insgesamt die prekären Beschäftigungsverhältnisse der Tageseltern.

Zu 1: Bisher müssen Tageseltern nur einen 18-tägigen (160 UE) DJI-Zertifikatskurs, angelehnt an einen Lehrplan des Deutschen Jugendinstituts aus München absolvieren, der zum Beispiel an einer Familienbildungsstätte organisiert wird (FaBi). Dieser Kurs findet also nicht etwa an einem Berufskolleg statt; eine Prüfung durch eine staatliche Einrichtung ist nicht zwingend vorgeschrieben. So führt diese Qualifikation auch nicht zu einem echten Berufsabschluss für die Tageseltern. Diese „Ausbildung“ wird nicht in Frage gestellt, was die bereits beschäftigten Tageseltern angeht.

Freiwillig können sie an einem Erweiterungskurs teilnehmen, der allerdings ab Herbst 2021 für „neue“ Tageseltern vorgeschrieben ist, eine Qualifizierung nach QHB. Dabei handelt es sich wieder um einen Lehrplan, der vom Jugendinstitut in München entwickelt worden ist. (QHB= KompetenzorientiertesQualifizierungshandbuch Kindertagespflege). Diese Qualifizierungsmaßnahme umfasst einen Kurs von 300 UE bzw. von ca. 37 Tagen oder etwa 7-8 Wochen. Dieser Kurs stellt sicher eine Verbesserung dar. Führt aber ebenso wenig wie der Alte zu einem Berufsabschluss.

Allerdings wird dieser Kurs durch das Land NRW mit 2000 € pro Teilnehmer*in bezuschusst. Geld, das zunächst dem Jugendamt/der Verwaltung zur Verfügung gestellt wird

In der Sitzung unklar blieb, ob das Jugendamt, Teilnehmer*innen hier 100% der Kosten erstatten würde, in der verabschiedeten Vorlage verpflichtet sich das Jugendamt lediglich, 50% von eventuell entstehenden Fortbildungskosten zu übernehmen.

Insgesamt sind solche Kurse in keiner Weise vergleichbar mit einer 3- bzw.4-jährigen Erzieherausbildung, die zu einem qualifizierten Berufsabschluss und selbstverständlich auch zu einem angemessenen Vergütungsanspruch der ausgebildeten Personen führt und was besonders wichtig ist: zu einer besseren Betreuung unserer schwächsten Gesellschaftsmitglieder, der Kleinkinder.

Welche Qualifikationen die aktuell in Ibbenbüren tätigen 67 oder 70 Tageseltern aktuell besitzen, konnte die Verwaltung/ das Jugendamt auf Nachfrage (DIE LINKE.) nicht belegen.

Zusätzlich hat das Jugendamt, sollte einmal eine Erlaubnis für die Kindertagespflege erteilt worden sein, gegenüber den Tageseltern keine Weisungsbefugnis, was die Fortbildung angeht; kann also keine Fortbildung erzwingen.

Zu 2:

Rechtlich sind die Tageseltern „Selbstständige“. Sie können für sich kein Tarifrecht in Anspruch nehmen. Sie müssen sich selbst krankenversichern; haben keinen echten Anspruch auf Urlaubs- und bezahlte Krankentage (Urlaubs- und Krankengeld). Die Rentenversicherung richtet sich, wie gesagt nach der Ordnung für Mini-Jobber. Ebenso das Steuerrecht. Die Rentenansprüche, die die Tageseltern erwirtschaften können, sind sehr gering: Sollten sie eventuell nach Scheidung von ihren Parter*innen aus der Familienversicherung herausfallen, droht Altersarmut.

Werden Tageseltern länger krank, ist nicht geregelt, wer sie vertritt. Im Bereich Ibbenbüren gibt es noch keine Überlegungen zu einem von uns angeregten „Vertretungspool“.

Tatsächlich können die Tageseltern nicht von dem Geld, das sie für ihre engagierte Arbeit bekommen, leben. Setzen wir voraus, dass es, 209 Plätze für die Betreuung von U3 Kindern gibt und zieht man hier noch die bestehenden Plätze in den Großtagespflegen (z.B. in Laggenbeck und in Ibbenbüren) ab, so bleiben durchschnittlich höchsten 2 betreute Kinder pro Tageselternteil (ca. 70 Personen). Damit erreichen diese keine steuerpflichtigen Monatseinkünfte.

Wir als Fraktion sehen es als Aufgabe, solche Beschäftigungssituationen besonders für die immer noch benachteiligten Frauen* durch bessere zu ersetzen.

Es wäre unseres Erachtens sinnvoll, Tageseltern eine Berufsqualifikation anzubieten, um sie dann in einer Einrichtung für U3-Kinder einstellen zu können, wo die Qualität der Arbeit und die Bezahlung sowie die soziale Absicherung der Beschäftigten übereinstimmen. Dann erst würde sich das große Engagement der Tageseltern auch auszahlen.

Damit wären der Elternwille und das Recht der Kinder auf bestmögliche Betreuung gewährleistet.

Kommunale Präventionsarbeit:

Familienbüro.

Ergänzend zu der ausführlichen Würdigung der Verwaltungsvorlage zum vorgestellten Projekt des „Familienbüros“, durch die Presse (IVZ vom 11.03.) möchte die Fraktion DIE LINKE. darauf hinweisen, dass die Diskussion der Vorlage bei einer zumeist positiven Grundstimmung, doch recht kontrovers war.

Unsere Fraktion hat vorgeschlagen, sowohl was die Wünsche der Träger von Jugendhilfeeinrichtungen, von Familienbildungsstätten usw. angeht, als auch was die Wünsche und Ideen von Bürger*innen allgemein, von Familien und von Jugendlichen betrifft, eine Online-Plattform - ähnlich wie bei der Neugestaltung des Bahnhofs - zu schalten, wo diese Ideen geäußert werden sollen. Damit sollten sie in die Planung mit einbezogen werden. Darin wurden wir von der CDU-Fraktion unterstützt.

Zudem haben wir die Niederschwelligkeit der geplanten Einrichtung begrüßt und angeregt, dafür zu sorgen, dass auch Jugendliche mit Migrationshintergrund auf die Einrichtung aufmerksam werden und als Stelle begreifen können, an die sie sich im Konfliktfall wenden können. Dort sollten dann anschließend Kooperationspartner vermittelt werden.