Richard Franks Haushaltsrede für die Linksfraktion im Rat der Stadt Ibbenbüren
Sehr geehrter Herr Bürgermeister
sehr geehrte Damen und Herren,
Kolleginnen und Kollegen,
Seit vielen Jahren ist die finanzielle Situation der meisten Kommunen in NRW miserabel. Ibbenbüren hat in diesem Jahr Glück, hohe Gewerbesteuereinnahmen, und plötzlich sind wir in einer anderen Welt.
Das strukturelle Minus aber bleibt uns auf Dauer erhalten. Der Sparhaushalt der Landesregierung in Düsseldorf ist ein Grund.
Eine Einkommenssteuerquote wie bei Kohl, Reichensteuer, Vermögenssteuer, Übergewinnsteuer, in anderen Ländern durchaus üblich, negativ. Da will man auf keinen Fall ran. Also gehen die steigenden Militärausgaben und das sog. Sondervermögen mit der Politik der „Schwarzen Null“ auf Kosten der dringend notwendigen Investitionen für unsere Infrastruktur und die soziale Absicherung vieler Menschen in unserem Land. Schönen Gruß vom Finanzminister a. D.. Dieses raffgierige kapitalistische System zerstört Natur und Lebensgrundlagen ohne Rücksicht auf Verluste.
Die Reichen beherrschen mit Hilfe ihrer gut bezahlten Lobbyisten die Gesetzgebung. Und erreichen eine Deregulierung, die zum gigantischen Vermögenstransfer zugunsten einer Klasse von Milliardären führt. 249 haben wir davon in Deutschland. Und wieviel brauchen wir davon? Richtig, keine!
Schule
Das entwendete Geld fehlt an wichtigen Stellen. Z.B. in den Schulen. In jedem neuen internationalen Vergleich schneiden wir schlechter ab. Wann begreift die Politik endlich, dass Schule nicht nur zum „Aufhäufen von Wissen“ dienen darf, sondern als zentraler Erfahrungs-, Schutz- und Sozialisationsraum anerkannt werden muss. Denn das fehlt vielen Kindern, nicht nur denen aus sozioökonomisch schwächeren Familien, deren Anzahl in den letzten Jahren ständig gewachsen ist. Erschwerend kommt eine verfehlte Coronapolitik hinzu. Sie ist symptomatisch für eine viel zu lange Ignoranz für die Interessen von Kindern und Jugendlichen. Schließlich waren sie es, die am stärksten von den Maßnahmen betroffen waren. Eine Aufarbeitung hat bis heute nicht stattgefunden.
Damit wären wir beim gebundenen Ganztag. Gibt es mittlerweile einen Termin für die Befragung der Grundschuleltern? Die wurde mit einer deutlichen Mehrheit im Rat beschlossen!
Ich erinnere noch mal, der „Gebundene Ganztag“ wird vom Land bezahlt. Die „Offene Ganztagsschule“ (OGS) und die „Schule von 8 – 1“, die sog. „Verlässliche Schulzeit“, dafür werden die Eltern zur Kasse gebeten. Interessant: Verwahrung kostet!
In 17 Ländern finden wir immer noch ein ständisches Schulsystem, völlig antiquiert. In Österreich und in den 16 Bundesländern der BRD! In NRW - Spitze! - gibt es Förderschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Sekundarschulen, Gesamtschulen, ein paar Primusschulen und sogar noch eine Volksschule im Sauerland. Einzigartig! Damit das in Ibbenbüren auch für die Zukunft so bleibt, wird (ein Gebäude für) eine Hauptschule geplant und gebaut, Kostenrahmen zur Zeit, 23 Mio. Euro.
Für eine Schule, die niemand braucht. Seit Jahren gehen dort die Schülerzahlen zurück. Und es landen übrigens auch die Schülerinnen und Schüler, die die RS und die Gymnasien “abschulen“. Überdurchschnittlich viele Schülerinnen und Schüler in der HS haben eine Zuwanderungsgeschichte, sie belasten so nicht die anderen weiterführenden Schulen. Und natürlich sind dort auch Kinder aus eher nicht so betuchten Elternhäusern. 295 ist die aktuelle Schülerzahl. Die Anne-Frank-Realschule besuchen 260 Schüler*innen.Diese Zahlen haben vor einigen Jahren noch ganz anders ausgesehen. Unsere Fraktion hat mehrfach Lösungsvorschläge für eine zukunftsfähige Entwicklung der Schullandschaft gemacht. So wie das auch in anderen Kommunen in NRW und in unserer unmittelbaren Nachbarschaft mit Erfolg realisiert worden ist.
Also, Hauptschule nicht bauen oder für die Erweiterung der Gesamtschule umplanen. Denn dort gibt es jedes Jahr viele Anmeldezahlen. Aber eben auch viele Absagen, weil die Erna-de-Vries-Gesamtschule auf eine Vierzügigkeit begrenzt worden ist. Das halten wir für falsch. Viele enttäuschte Kinder und Eltern sind die Folge.
Jetzt habe ich noch eine Frage zur Hauptschule: Wer von Ihnen hat seine Kinder oder seine Enkelkinder zur Hauptschule geschickt?
Kindertagesstätten, Personal, Finanzierung
Bis 2030 ist in NRW eine riesige Personallücke bis zu 100.000 Fachkräften in den Kindergärten zu schließen. Wenn man die Kita als Bildungsort anerkennen und stärken will, muss man dafür hochqualifiziertes Personal einsetzen, denn dort findet ein wichtiger Teil der Prägung statt. Fragen Sie mal das Lehrpersonal der Grundschulen, wie wichtig das ist. Ausgebildete Erzieher*innen gibt es, man stellt sie oft aus Kostengründen nicht ein! Im Interesse der Kinder wie auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können Ausfälle und Stundenreduzierung für den Kita-Aufenthalt nicht akzeptiert werden.
Diese Einrichtungen sind seit Jahren deutlich unterfinanziert. Durch allgemeine Kostensteigerungen und den verdienten Tarifabschlüssen, hat sich die Situation aktuell noch verschärft. Wenn das Land NRW einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz durchsetzt, muss es auch die anfallenden Kosten übernehmen.
Und die allermeisten Eltern wünschen sich einen Kita-Platz für ihre Kinder, die Tagespflege ist in vielen Fällen nur eine Notlösung. - Dass diese und ähnliche Probleme auch in Ibbenbüren bestehen, haben nicht nur Gespräche mit Elternvertretern vor einigen Wochen deutlich gemacht. Wir wollen, dass zukünftig Kindertagesstätten in städtischer Trägerschaft betrieben werden. Höhere Kosten entstehen dadurch nicht.
Personalplanung
Die Planzahlen 2025 für das Personal der Stadtverwaltung weisen 15 VZÄ mehr Stellen aus. Auf den ersten Blick scheint das viel. Die CDU ist damit gar nicht einverstanden. Wo aber eine qualitative hochwertige Arbeit zu leisten ist, da müssen mit Nachdruck gezielte Fachkräfteoffensiven für die verschieden Arbeitsfelder gestartet werden. Es nützt nichts, wenn in der Statistik nur Zahlen stehen,
Wir unterstützen ausdrücklich geplante Einstellungen.
Grundsteuer B
Die Grundsteuer B ist in den letzten Jahren mehrfach erhöht worden. Das ist eine feste Größe für die Haushaltsplanung. Eine einfache Sache: die Bürger, Hausbesitzer und Mieter werden zur Kasse gebeten. Alles ist teurer geworden. Energie, Lebensmittel, Wohnen, dazu die Inflation. Die Bürger müssen zahlen. Wir entscheiden uns für die differenzierte Variante. D. h. Haus und Grundstück werden anders bewertet als nicht bebaute Grundstücke. Das hat für die Hausbesitzer und Mieter einen monetären Vorteil. Wir hoffen, dass diese Regelung auch rechtssicher ist.
Umwelt - Verkehr - Extremwetter - die Eisbahn
Die Extremwetterereignisse nehmen als Folge der Umwelt- und Klimazerstörung weltweit zu. Die Ursachen sind glasklar, da gibt es kein Erkenntnisproblem. Das 1,5 Grad-Ziel von Paris ist in weite Ferne gerückt. Die Wissenschaft liefert alle Daten und Fakten.
Ist Ibbenbüren darauf eingestellt? Oder wird der Untere Markt mit den Läden jetzt regelmäßig zum Sammelbecken für mögliche Wasserfluten wie vor einigen Jahren?
Die Sommer in unseren Städten werden immer heißer. Materialien wie Steine, Beton und versiegelte Flächen speichern Wärme. Wo sind in der Innenstadt Ibbenbürens Grünflächen, wo sind die Bäume, wo Wasser, wo findet man Schattenplätze?
Natur ausradiert, versiegelt, zugebaut. Straßen und Plätze in unserer Stadt werden vom Auto dominiert.
Wir haben Alternativen: ÖPNV, Wege und Stellflächen für Fahrräder. Wer hier für die Verbesserung des Klimas ist, der muss konsequent handeln.
Eine Eisbahn, mit erheblichen Energieaufwand hergestellt, verbietet sich. Eine Eisbahn im westfälischen Dauerregen, wie schön!
K24 N
Die K24N ist notwendig? NEIN überflüssig! Weder für die Ortsdurchfahrt, noch für den Inova-Park. Der Bau würde eine erhebliche Landschafts- und Naturzerstörung zur Folge haben. Man sollte täglich Führungen in diesem Naherholungsgebiet machen, damit jeder es versteht! Reifenabrieb und Öl, verschmutztes Abwasser müsste kanalisiert und gereinigt werden. Der Bau der K24N stünde in keinem Verhältnis zu seinem Nutzen. Dieses zerstörerische Vorhaben muss endlich gestoppt werden!
Bauvorhaben
- Im Hochbauprogramm unterstützen wir die geplante Neugestaltung des Bahnhofs mit vielen Grünflächen und die des Busbahnhofs und den Bau des Fahrradhauses.
- Die Erweiterung des Raumprogramms an den Grundschulen für den Offenen Ganztag muss nun realisiert werden, an der Johannes-Bosco-Schule fast fertig. Denn es gibt einen Rechtsanspruch für Grundschulkinder ab 2026.
- Feuerwehr, Rathaus, Windenergieanlage für die städtische Kläranlage, dort sind Bautätigkeiten geplant, bzw. bereits in der Ausführung.
- Wichtig, der Neubau eines Schul- und Vereinsschwimmbades. Jedes fünfte Sechs-bis Zehnjährige Kind kann nicht schwimmen, weist eine Statistik aus. Ich hoffe, dass das in Ibbenbüren nicht so ist, und hier die entsprechenden Angebote der Schulen und Vereine existieren.
- Und dann müssen möglichst bald die Kohle betriebenen Heizanlagen in den verschiedenen städtischen Einrichtungen auf umweltverträgliche Heizsysteme umgestellt werden.
- Inova-Park, Erfolgsmeldungen über verkaufte Grundstücke fehlen bis heute.
- Immer mehr landwirtschaftliche Flächen werden für Baugrundstücke und Gewerbeflächen genutzt. Riesige Areale werden versiegelt, zugebaut und damit einer natürlichen Nutzung entzogen. Wir haben erhebliche Vorbehalte zum Baugebiet „Gründkenliet“. Bodenbeschaffenheit und Untergrund sind problematisch. Wir sind gespannt auf die ersten Klagen.
- Den Hauptschul-Neubau wollen wir ausdrücklich nicht.
Und diese „bezaubernde“ Brücke, gigantisch, nicht nur die 11 Millionen, allein die Stadt ist mit 1,3 Mio. beteiligt. Alles Steuergelder, da wäre eine kostengünstigere Variante sicher möglich gewesen.
Wohnen
Die Menschen benötigen Wohnraum, ein Dach über den Kopf. Bezahlbar, aber da sind wir schon bei der Mangelware. Lt. Mieterbund fehlen allein in NRW 400000 Sozialwohnungen. Sie können sich erinnern, viele Kommunen haben in den 90er und 2000er Jahren aus Geldnot hunderttausende ihrer Wohnungsbestände an große Wohnungskonzerne verhökert.
Das hat u. a. dazu geführt, dass selbst „Normalverdiener“ oft mehr als ein Drittel ihres verfügbaren Einkommens für Miete und Nebenkosten aufwenden müssen. Deshalb müssen wir gemeinwohlorientierte Akteure im Wohnungsbau fördern und stärken. Und die „Haifische“ verhindern. Nachhaltig, bedarfsgerecht, bezahlbar muss gebaut werden, mit Unterstützung der Baugenossenschaft und der Kommune sollte das gelingen.
Gerhardi
Ein großer Arbeitgeber in Ibbenbüren, Gerhardi hat Insolvenz angemeldet, im Kontext der Krise in der Automobilindustrie. Dort haben die Eigentümer, die Shareholder, die Millionäre auf den Managementposten und der Aufsichtsrat den Strukturwandel verpennt. Das Risiko tragen die Beschäftigten, oft mit Verlust des Arbeitsplatzes.
Wir hoffen sehr, dass für Gerhardi schnell eine gute Lösung gefunden wird, damit die Beschäftigten dort wieder eine sichere Zukunft haben.
Und zum Schluss
Auf die Frage, warum er in unsere Partei eingetreten sei, antwortete mir ein Azubi, das in seiner Klasse die Mehrheit seiner Klassenkameraden Mitglied bei der AFD bzw. für die AFD sei. Er aber wolle dem entgegenwirken.
Diesem Haushalt 2025 können wir nicht zustimmen.
Bei Herrn Burlage und seinem Team möchte ich mich aber trotzdem für die geleistete Arbeit bedanken.
Für die Fraktion Die Linke im Rat der Stadt Ibbenbüren
Richard Frank