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Haushaltsrede Kreistagsgruppe 2019

DIE LINKE. Kreistagsgruppe Steinfurt

Haushaltsrede DIE LINKE. Kreistagsgruppe Steinfurt 2019.

 

Gehalten am 05.11.2018 vom Gruppensprecher der Kreistagsgruppe Andreas Neumann. 

 

Der Redebeitrag kann vom Manuskript abweichen.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Herr Landrat, meine Damen und Herren, “Die Sichtweise ist entscheidend !!“

Der Landrat sagt das wir häufig keinen Blick mehr für das Gute in der Welt haben, dass zweifellos überwiegt.

Wir glauben nicht dass die Bürgerinnen und Bürger den Landrat daran messen, wie hoch die Kreisumlage ist, oder wie modern der Neubau wird. Wir glauben sogar dass die meisten gar nicht wissen was eine Kreisumlage ist. Die Bürgerinnen und Bürger schauen auf ihren Kontostand, auf ihr Wohnumfeld und auf ihre Zukunftsaussichten und bemessen daran wie zufrieden sie mit der Politik und den Verwaltungen sind.

Und wenn Sie dann sagen die wirtschaftliche Lage ist so gut wie nie zuvor und die Steuereinnahmen sprudeln, dann muss ich auch darauf hinweisen das dieses für immer weniger Menschen zutrifft. Ich muss wie schon so oft, die Sichtweise meiner Oma in Anspruch nehmen, die Grundsicherung bekommt, weil sie als alleinerziehende Mutter nach dem Krieg sieben Kinder groß gezogen hat und nicht arbeiten konnte. Sie fühlt sich heute als Bittsteller und sieht nicht eine Mehrzahl an guten Meldungen, denn die ärztliche Versorgung wird schwieriger, Mobilität für sie immer schwieriger und teurer und ihre Miete ist wie überall in Deutschland um 20% gestiegen seit 2006. Die Stromkosten in Deutschland haben sich seit 2000 übrigens um 111% erhöht. Für meine Oma und viele andere gilt also: Die wirtschaftliche Lage ist so bescheiden wie noch nie und sprudelnde Einnahmen kennen sie nur vom Hören-Sagen.

Das soll nun auch nicht abwertend klingen, weil ich weiß dass Sie Herr Landrat auch mit den Menschen sprechen, dass Sie nicht weltfremd sind und dass Sie auch kein Freund von ungleicher Verteilung sind. Aber wenn man Ihre Tarifgruppe hat, wenn man dann 1300 Mitarbeiter hat, die einem jeden Tag bestätigen wie toll man ist und man dann zwischen zwei Terminen vielleicht mal mit dem Kaffeebecher auf den Balkon geht und auf die schöne Aa sieht, dann kann man natürlich sagen das die guten Meldungen bei weitem überwiegen.

Wenn Sie dagegen aber eine Weile arbeitslos sind und Leistungen beziehen müssen, ob selbst verschuldet oder auf Grund von Misswirtschaft in Ihrem ehemaligen Betrieb, dann bekommen Sie für ihren 11 jährigen Sohn 2,57Euro für Essen und Trinken pro Tag. Und für Bildung, Freizeit, Kultur, Schreibwaren und Schulbedarf bekommen Sie 76 Cent pro Tag. Und wenn Sie dann lesen, dass das Institut für Kinderernährung von einem Mindestbedarf bei einem 11 jährigen von mindestens 5,71 ausgeht, dann fehlen ihnen genau 13 Pfandflaschen pro Tag und ganz sicher werden Sie am Ende des Tages nicht feststellen das die guten Meldungen überwiegen.

Als dann in der letzten Woche die Verbände, die neusten Zahlen veröffentlicht haben zu Armut in Deutschland und dort steht das 16,8%, also fast jeder 5. von Armut betroffen ist und von diesen 13,7 Millionen Menschen nur 21% arbeitslos sind und die anderen arbeiten, in Ausbildung oder Rente sind, da habe ich noch einmal nachgesehen. Und tatsächlich, auf den 20 Seiten ihrer Haushaltsrede taucht das Wort Armut nicht einmal auf, aber das Wort Wanderweg und Teutoschleifen dafür 6mal. Und noch mal.....diese

vierzehn Millionen Menschen, darunter viele

Kinder und Ältere, sind vom Erfolg ausgeschlossen. Sie sind oftmals

abgehängt von gesellschaftlicher Teilhabe und beziehen geringe

Einkommen und Renten, die kaum oder gar nicht zum Leben reichen.

Diese Menschen können keine Rücklagen bilden, sie können nicht für

das Alter vorsorgen, sie sparen häufig bei selbstverständlichen Dingen

wie Strom, Heizung und bei Lebensmitteln und denen sagt man dann die

positiven Meldungen überwiegen.

Und dann stelle ich mir immer vor, da kommt einer abends müde und KO von der Arbeit, macht den Fernseher an und hört wie der Millionär Friedrich Merz behauptet er gehöre zur Mittelschicht und der Arbeiter soll jetzt in Aktien machen, damit er im Alter nicht hungern muss. Dann kann ich mir vorstellen dass der Arbeiter, sich da nicht mehr verstanden fühlt und die gesamte Politik verteufelt und gar nicht mehr wählt oder ganz falsch wählt. Und wenn diese 14 Millionen Menschen, sich von uns allen hier nicht mehr vertreten fühlen....Wenn diese Menschen ihre Problemenicht auf unseren Tagesordnungen wiederfinden, dann werden diese Menschen ihre Hoffnung in irgendwelche Rattenfänger setzen und aus Verzweiflung falsch wählen. Wir fordern für das nächste Jahr die

Erstellung eines Armutsberichtes des Kreises, wie er auch schon in anderen Kommunen erstellt wird.

K76n ! Es war mal nur eine normale Straßenbaumaßnahme. Und nun gibt es inzwischen Leserbriefe und Zeitungsartikel in denen von Erpressung, Anarchie und anderem geschrieben wird. Haushaltstechnisch ist die Straße in 7 Jahren schon um 38% teurer geworden, also 2 Millionen Euro. Da stellt sich die Frage ob da schon einkalkuliert wurde, dass alles teurer wird auf Grund der guten Auftragslage bei den Unternehmen. Und ob schon eingerechnet wurde, dass enteignete Grundstücke billiger sind als Gekaufte. Hier muss ich heute Kritik üben an einigen Mitgliedern des Kreistages, quer durch fast alle Fraktionen. Wenn Sie hier die Hand heben für eine Baumaßnahme oder auch irgendeine andere Entscheidung dann geben Sie damit dem Landrat den Auftrag diese/Ihre Entscheidung umzusetzen. Logischerweise mit allen Konsequenzen. Das ist nicht nur ein kurzes Arm heben, sondern Straßenbau hat immer Auswirkungen, auf die Natur, auf die Versiegelung von Flächen, Straßenbau kostet eine Menge Geld, und Straßenbau hat auch immer Auswirkungen auf die Besitzverhältnisse. Und wem das nicht klar ist, dem empfehle ich einGrundseminar Kommunalpolitik. Sich nun hinzustellen und zu sagen: “ wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass“ ist dem Bürgergegenüber unehrlich. Bei meiner Kritik nehme ich ausdrücklich Herrn Streich raus, denn aus vielen früheren Gesprächen weiß ich dass Er bei seiner Entscheidung davon ausgegangen ist, dass Enteignungen an der Stelle nicht nötig sind. Aber wenn ich jetzt auch noch von den Landwirten höre dass Sie Herr Grunendahl den Betroffenen gesagt haben, dass es keine Enteignungen gibt, dann frage ich mich in welchem Auftrag Sie solche Auskünfte geben . Und wenn die Zeitungen schreiben dass auch Frau Schulze-F.den Betroffenen gesagt hat es gebe keine Enteignungen, dann ist da auch die Frage in welcher Funktion sie das getan hat.. Ich stelle noch einmal fest, Sie haben als größte Fraktion, dieses Projekt mit angetrieben und einstimmig beschlossen mit der Konsequenz dass man dort nun die Eigentümer enteignet. Und gleichzeitig schreibt die WN nun auch meine Vermutung, dass Sie damit, die für den Kreis so wichtigen Investitionen an der Fachhochschule gefährden. Das ist alles andere als Fingerspitzengefühl. Und damit es

nicht in Vergessenheit gerät, Wir haben immer gegen diese Maßnahmen gestimmt. Wir glauben immer noch dass gerade der FH eine moderne Lösung besser gestanden hätte.

Bei den Personalsteigerungen gilt wie immer, von derVerwaltungsseite....zusätzliche Aufgaben....von der Politik gefordertusw. Das wollen wir gar nicht immer wiederlegen, aber wir beobachten diese Steigerung nun seit fast zehn Jahren und wir glauben das genau jetzt der Punkt ist wo man sich vorstellen könnte, dass man sagt, dieser Haushalt beschreibt den Scheitelpunkt. Sie haben von sich aus eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, in der sich 5 Mitarbeiter um die Digitalisierung der Verwaltung bemühen werden. Wir glauben dass es ganz viele Möglichkeiten der Digitalisierung geben wird und werden Ihnen die Zustimmung zum Haushalt in 2020 verweigern, wenn Sie uns bis dahin nicht Verbesserungen aufzeigen können. Wenn wir sehen das Estland und Lettland da viel weiter sind, dann behaupte ich heute, dass es wohl eher am Willen liegt. Noch vor ein paar Jahren kannte ich in meiner Sparkasse alle Mitarbeiter mit Namen, und wenn ich da heute mal reingehe, dann kenne ich niemanden mehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Art der Digitalisierung nicht auch in manchen Bereichen möglich sein kann.

Wir sind froh dass fast alle erkannt haben, das im Bezug Wohnungsbau und dann natürlich bezahlbarer Wohnungsbau was getan werden muss. Wir wünschen uns das wir nun nicht lange diskutieren welche Partei sich das auf die Fahne schreiben darf, sondern hoffen das wir schnell handeln.

Ob wir den Haushalt mittragen können, wird sich erst bei den nächsten Abstimmungen entscheiden. Es wird wahrlich kein linker Haushalt. Und wir werden wohl auch nie begreifen, wieso man beim Neubau von Bedarfspricht, beim Personal von Bedarf spricht......aber bei den Menschendann immer von Gesetz und Vorschrift und nicht mehr von Bedarf. Auch Diskussionen um 50 Cent mehr bei der Sportförderung pro Kind, und gleichzeitigem überweisen von Millionenbeträgen für einen defizitären Flughafen werden wir wohl nie begreifen.

Wir senden von hier aus heute besondere Grüße an Frau Dahms und Herrn Hembrock und wünschen Ihnen allen ganz viel Gesundheit, denn

am Ende zählt kein Euro und kein Haushalt, am Ende zählt nur die Gesundheit.

Glück Auf